Genehmigung einer Zweigpraxis und Beurteilungsspielraum der Genehmigungsbehörde
von Anke Plener
Das LSG NRW nahm in seinem Urteil vom 10. Februar 2016 (L 11 KA 30/14) zu den Voraussetzungen der Genehmigung einer Zweigpraxis und den Anforderungen an die Tatsachenermittlung der Genehmigungsbehörde Stellung.
Die Parteien stritten über die Genehmigung einer Zweigpraxis eines MVZ, das Teil einer Krankenhaus GmbH war. Das Krankenhaus verfügte über einen weiteren Standort. In derselben Straße des Standortes beantragte das MVZ die Genehmigung einer Zweigpraxis um dort das komplette Spektrum nichtinvasiver Kardiologie anzubieten. Zur Begründung stellt das Krankenhaus auf die Anwohnerdichte, langwierige Vorlaufzeiten bei elektiven Behandlungen und eine schlechte verkehrsspezifische Anbindung der bisherigen kardiologischen Behandler ab. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Die Klage gegen den ablehnenden Bescheid war sowohl vor dem Sozialgericht als auch vor dem LSG teilweise erfolgreich.
Voraussetzung für die Genehmigung einer Zweigpraxis i.S. von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 Ärzte-ZV sei eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten und die Nichtbeeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Orte des Vertragsarztes. Geringfügige Beeinträchtigungen seien dabei allerdings unerheblich. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen sei der Genehmigungsbehörde ein Beurteilungsspielraum zuzumessen, was zu eingeschränkte gerichtlicher Nachprüfbarkeit führe. Bei der Prüfung einer Versorgungsverbesserung sei nicht nur auf den Planungsbereich abzustellen, sondern auf den „weiteren Ort“, an dem die Zweigpraxis betrieben werden solle. Erforderlich sei, dass an diesem weiteren Orte Vorteile für die Versicherten in qualitativer oder auch quantitativer Hinsicht erreicht würden.
Eine qualitative Versorgungsverbesserung könne gegeben sein, wenn:
§ die in der Zweigpraxis tätigen Vertragsärzte im Vergleich zu den bereits vor Ort tätigen Ärzten über andere qualifikationsgebundene Genehmigungen nach § 135 Abs. 2 SGB V verfügen,
§ ein differenzierteres Leistungsspektrum anbieten oder besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden anwenden könnten.
Eine lediglich quantitative Erweiterung könne sich aber dennoch als Versäumnisverbesserung darstellen, wenn etwa durch das erhöhte Leistungsangebot Wartezeiten verringert würden, die bei den bereits vor Ort niedergelassenen Ärzte bestünden. Als Versorgungsverbesserung könnten aber ebenso andere organisatorische Maßnahmen angesehen werden, etwa das Angebot von Abend- und Wochenendsprechstunden. Im Einzelfall könne sogar eine bessere Erreichbarkeit des Filialarztes als relevante Versorgungsverbesserung angesehen werden. Für die Bestimmung des „weiteren Ortes“ sei nicht auf Stadteilgrenzen abzustellen. Vielmehr sei auf die individuellen Verhältnisse vor Ort und auf den „Einzugsbereich“ der geplanten Zweigpraxis abzustellen.
Die Versorgungsverbesserung sei nicht für die spezielle Patientenschaft einer Praxis zu beurteilen, sondern abstrakt bezogen auf die im Einzugsbereich lebenden Versicherten. Welches konkrete Ausmaß die Verbesserung haben müsste, unterfiele aber letztlich dem Beurteilungsspielraum der Genehmigungsbehörde.